REGULÄRE PROMOTIONSSTIPENDIEN
Archiv der bislang vergebenen Promotionsstipendien sowie laufenden Förderungen:
Untersuchungen zur römischen Besiedlung zwischen dem älteren und jüngeren Wetteraulimes und der Siedlungsplatz Bruchköbel „Im Peller“
Bearbeiterin: Laura Hasenstein MA.Kontakt: Hasenstein-Archaeologie(et)web.de
Laufzeit: Dezember 2021 bis August 2022, auf Wunsch vorzeitig beendet
Das Gebiet der heutigen östlichen Wetterau wurde durch den Wetteraulimes zwischen ca. 90 und 260/280 n. Chr. in die Provinz Germania superior einbezogen. In diesem Bereich wurde die ursprüngliche Limeslinie jedoch nicht beibehalten, sondern um 119/120 n. Chr. auf die Linie Rückingen-Marköbel vorverlegt. Der somit hinzugewonnene Gebietsstreifen von ca. 170 km2 Fläche und dessen Besiedlung sind Thema der Dissertation.
Das Projekt zerfällt in zwei Arbeitsschwerpunkte:
1. Untersuchungen zur Besiedlung zwischen dem älteren und jüngeren Wetteraulimes
Kernthema der Dissertation sind Datierung, Charakter und mögliche Etappen der Aufsiedlung des Territoriums zwischen den beiden limites. Wie war die Besiedlung aufgebaut und organisiert? Welche Typen von Siedlungen gab es neben den landwirtschaftlich geprägten villae rusticae und den vici mit Handel und Handwerk?
2. Bruchköbel „Im Peller“ – Ein Schlüsselplatz?
Eine Schlüsselrolle im Verständnis der oben genannten Siedlungsprozesse kommt evtl. dem 2003 und 2016/2017 teilweise ausgegrabenen Fundplatz Bruchköbel „Im Peller“ (Main-Kinzig-Kreis, Hessen) zu. Er liegt strategisch günstig mittig zwischen den beiden limites und könnte eine Sonderfunktion in der Pionierphase der Vorverlegung und der Aufsiedlung des Territoriums „intra limites“ eingenommen haben.
Die Befunde dieses Platzes lassen sich nicht in die herkömmlichen Kategorien Kastell, (Kastell)vicus und villa einordnen. Es konnten mehrere Gebäude in reiner Holz-/Fachwerkarchitektur festgestellt werden, die jedoch nicht den üblichen Streifenhausgrundrissen zeitgenössischer vici der Region entsprechen. Dendrochronologische Untersuchungen der insgesamt 27 Holz-Brunnen deuten auf eine Besiedlung von lediglich ca. zwei Generationen im 2. Jh. n. Chr. hin. Welche Funktion hatte dieser Ort? Diente er als Versorgungs- und Logistikplatz, womöglich auch verknüpft mit einer großdimensionierten Viehhaltung etwa von Remonten für die Limestruppen? Auf der Befund- und Fundauswertung aufbauend, werden im Rahmen der Dissertation verschiedene Erklärungsmodelle, die auch eine Anknüpfung an vorrömische Siedlungsmuster und Hinweise auf externe Planer oder Bevölkerungselemente beinhalten, untersucht.
Abbildungen Brunnen: Holzkasten eines Brunnens im Profil. Bruchköbel - IM Peller 3, Bef. 109. © O. Krause, SPAU GmbH. Gebäudegrundriss: Holzhausgrundriss mit Gruben und Pfostenspuren. Bruchköbel- Im Peller 2, Bef. 470-474. © C. Agricola, SPAU GmbH. Karte: Arbeitsgebiet (schraffiert) zwischen dem jüngeren (östlich der Schraffur) und älteren Wetteraulimes (westlich der Schraffur). Quadrate: (Klein-)Kastelle, Punkt: zu untersuchender Siedlungsplatz. © L. Hasenstein)
Kleinkastell Holzheimer Unterwald
Bearbeiter: Eric Matschulat M.A.Kontakt: eric.matschulat(et)posteo.de
Laufzeit: April 2018 bis Januar 2022
Der Limes im Allgemeinen und der obergermanisch-raetische Limes im Speziellen gehören zu den Kernthemen der provinzialrömischen Archäologie. Damit verbunden sind die verschiedenen Militäranlagen in seinem Verlauf, auch die sogenannten Kleinkastelle.
Die wissenschaftliche Bearbeitung des Kleinkastells „Holzheimer Unterwald“ im Landkreis Gießen am westlichen Wetteraulimes bietet die Gelegenheit, bestehende Lücken im Forschungsstand bezüglich dieser kleinen Militärlager zu schließen und kann einen wesentlichen Beitrag zu Funktion und Aufgaben von Kleinkastellen am Limes leisten.
Das im Rahmen des Promotionsstipendiums bearbeitete Lager ist in den Jahren 1988-1991 vollständig ausgegraben und dokumentiert worden. Es lässt sich u.a. eine steinerne Umwehrung, zwei parallel ausgerichtete Mannschaftsbaracken für eine Besatzung von 20-30 Personen und ein 9 Meter tiefer Brunnen nachweisen. Erste Erkenntnisse beinhalten zudem wenigstens zwei gesicherte Bauphasen, die z. B. eine Reduktion der Innenbebauung und das Anlegen des Brunnens umfassen. Das Fundmaterial belegt eine Nutzung seit dem Anfang des zweiten Jahrhunderts nach Christus bis hinein in das zweite Drittel des dritten Jahrhunderts nachchristlicher Zeit.
Im Fokus der Dissertation steht zunächst die vollständige Bearbeitung der Funde und Befunde. Dies beinhaltet auch eine Digitalisierung der vorliegenden Pläne. Die Ergebnisse dieser Bearbeitung sollen schließlich Aufschluss geben über die genaue Datierung der Anlage insgesamt, die Abfolge (und tatsächliche Anzahl) der Bauphasen, die Besatzung des Kastells und den Alltag der stationierten Soldaten. Die Frage der Verifizierung der, bereits in kurzen Artikeln vorpublizierten, Grabungsergebnisse ist zudem ein Teil der Bearbeitung.
Mit der Analyse des Fundmaterials und der vorhandenen Strukturen verbunden ist das Ziel, die Funktion des Kleinkastells „Holzheimer Unterwald“ nachweisen zu können. Auch die Untersuchung des Umlandes, die Betrachtung von Beziehungen zu weiteren römischen Siedlungen und Lagern in der Umgebung und der Kontakt zum „Barbaricum“ können und werden im Hinblick auf die Funktion eine Rolle spielen.
Über den direkten Kontext des Fundortes hinaus bietet sich anhand der Erkenntnisse der Bearbeitung der erwähnten Einrichtung die Möglichkeit, über Vergleiche mit ähnlichen Kleinkastellen, deren Aufgaben generell zu beurteilen. Damit kann das Bild über Kleinkastelle ergänzt werden und ein wesentlicher Beitrag zur Erforschung dieser Militäranlagen geleistet werden.
Das Fürstlich-Wiedische Archiv als Quelle zum Kastell Niederbieber und zur frühesten Limesforschung im Rheinland.
Bearbeiter:Jost Mergen M.A.Kontakt: jostmergen(et)gmail.com
Laufzeit: März 2015 bis März 2018
Das Kastell Niederbieber blickt mittlerweile auf eine lange Forschungsgeschichte zurück. Erste „Grabungen“ fanden bereits 1759 statt. 1791 schließlich begann Christian Friedrich Hoffmann mit planmäßigen Ausgrabungen im Auftrag der Fürstin Luise Wilhelmine und war bis zu seinem Tod 1820 hier tätig. Der gebürtige Braunschweiger hatte zunächst am dortigen Collegium Carolinum Naturwissenschaften, Botanik und Mathematik studiert, publizierte einige botanische und ökonomische Aufsätze und trat als Übersetzer englischer Werke in Erscheinung. 1789 kam er als Erzieher der Wiedischen Prinzen und Ingenieur-Lieutenant nach Neuwied. Sein Nachlass im Fürstlich-Wiedischen Archiv (FWA) ist bis heute noch nie umfassend ausgewertet worden. Auf mehr als 1000 handschriftlichen Seiten hinterließ Hoffmann einen umfangreichen Quellenschatz zu seinen archäologischen Arbeiten, der nicht nur lokal, sondern auch für die allgemeine Entwicklung des Faches im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert von großer Bedeutung ist. In diesem Zeitraum endet die „Ära der Antiquare“ und mit Beginn der preußischen Zeit am Rhein werden Bestrebungen hin zu einer geregelten (Boden)denkmalpflege fassbar. Dem Naturwissenschaftler Hoffmann war es wichtig, seine Grabungen angemessen zu dokumentieren. Er fertigte Skizzen und Grundrisszeichnungen an, vermaß die aufgedeckten Gebäudeteile und hielt teilweise fest, wo welche Funde zu Tage kamen. 1819 verfasste er sogar umfassende Grabungsrichtlinien, die teilweise noch heute als mustergültig bezeichnet werden können und nur wenige Jahre später von Wilhelm Dorow publiziert wurden. Als Autodidakt war er stets um die wissenschaftliche Anerkennung seiner Ergebnisse und Thesen bemüht. Seine erhaltene Korrespondenz, z. B. mit C. G. Heyne in Göttingen, C. F. Habel in Idstein, F. C. Matthiä in Mainz oder J. I. von Gerning in Frankfurt a. M. beleuchtet ein umfangreiches Netzwerk von Altertumsgelehrten und -begeisterten, auf das Hoffmann, etwa aufgrund einer fehlenden Fachbibliothek in Neuwied, angewiesen war und welches zur breiteren öffentlichen Bekanntmachung seiner Ergebnisse unerlässlich war.Nicht zuletzt ist in den Quellen ein teils starker Wandel des Sprachduktus vor dem Hintergrund politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen dokumentiert. Hier zeigt sich bereits eine frühe Form politisch-ideologischer Instrumentalisierung der Altertumskunde im Zusammenhang mit Befreiungskriegen, Romantik und aufkommenden Nationalismus im frühen 19. Jahrhundert. Das Ziel der Arbeit ist eine umfassende Auswertung der Originalquellen des FWA, der Altpublikationen und einiger weiterer Archive. Zahlreiche Detailergebnisse, Funde, Befunde, Zeichnungen, Pläne und Karten sind der Forschung auch nach über 200 Jahren noch völlig unbekannt. Die lokalen Entwicklungen in Neuwied werden in den Kontext früher Altertumsforschungen im Rheinland – hier sind vor allem die „Römerstädte“ Trier, Mainz und Köln wichtig – und am Obergermanisch-Rätischen Limes mit bereits älteren oder gleichzeitigen Forschungsansätzen eingebunden. Neben der Archivarbeit gestattet die Neubearbeitung der Altfunde aus der Fürstlich-Wiedischen Altertumssammlung (heute im LVR-LandesMuseum Bonn) es, einen Befund- und Fundkatalog anzufertigen und aufgrund der Quellen eine weitergehende Zuweisung von Fund und Befund zu erarbeiten, als dies aus den bisherigen Publikationen hervorgeht.Die Arbeit bildet nicht nur eine wesentliche Grundvorrausetzungen für die seit längerem geplante Neubearbeitung des Kastells Niederbieber, sondern beleuchtet intensiv die spannende Frühzeit der Fachhistorie auf dem Weg hin zur wissenschaftlich anerkannten Disziplin und zur modernen Bodendenkmalpflege.
Die Wachttürme am Raetischen Limes
Bearbeiterin: Dr. Elisabeth Krieger M.A.Kontakt: e.krieger1(et)gmx.de
Laufzeit: März 2014 bis März 2016
Bei der sogenannten „Teufelsmauer" handelt es sich um die 168 km lange römische Grenzlinie in der Provinz Raetien. Entlang dieser Mauer waren etwa 268 Wachtposten verteilt, die den Grenzverkehr sichern sollten. Der heutige Kenntnisstand hierzu basiert zum größten Teil auf den Ausgrabungen und Veröffentlichungen der Reich-Limeskommission zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Die Aufarbeitung der Grabungsdokumentation unter neuen Aspekten und Fragestellungen wird durch dieses Stipendium ermöglicht. Hierbei ergeben sich mehrere Fragestellungen. Zum einen ist die baugeschichtliche Entwicklung ein interessantes Feld. So besteht ein wichtiger Teil der Arbeit darin, dass Aufgehende der Türme anhand der Grundrisse sowie durch Architekturfragmente zu rekonstruieren. Anhand der verschiedenen Ausbauphasen der einzelnen Türme wird herausgearbeitet, inwieweit der Aus- und Umbau zeitgleich stattfand. Eng damit verbunden sind auch militärgeschichtliche Aspekte. An einigen Wachtturmstellen wurde beim Wechsel von Holz- zu Steintürmen nicht immer derselbe Standort oder dieselbe Ausrichtung gewählt. Auch sind einige Steintürme direkt in die Mauer mit einbezogen, während andere etwas von der Grenzbefestigung zurückgezogen liegen. Beides lässt darauf schließen, dass sich die Funktion im Laufe der Zeit änderte und dass nicht jeder Turm dieselbe hatte. Die Aufarbeitung der Altgrabungen sowie Einbindung neuer Forschungsergebnisse (Luftbilder, Airbornelaserscans etc.) liefert nun zum ersten Mal eine wissenschaftliche, detaillierte Analyse zur Struktur und Genese des Grenzverlaufes in Raetien.
Publikation: E. Krieger, Die Wachttürme am Raetischen Limes. Limesforsch. 30 (Berlin 2018).
Mainhardt – Kastellplatz am Vorderen Limes
Bearbeiterin: Lynn Stoffel M.A.Kontakt: mainhardt(et)live.com
Laufzeit: Oktober 2010 bis September 2014
Ziel des Stipendiums ist die vollständige archäologische Aufarbeitung der Befunde und Funde von Mainhardt, einem bis heute weitgehend unbekannten Kastellplatz am mittleren Abschnitt des Vorderen Limes. Die Arbeit umfasst das Kohortenkastell, den Kastellvicus sowie das Kleinkastell Mainhardt-Ost und den unmittelbar angrenzenden Limesabschnitt von WP 9/68 bis WP 9/69.Neben zusätzlichen Erkenntnissen zu den Steinbauphasen des Kohortenkastells sind hier vor allem die an Wehr- und Innenbauten mehrfach erfassten Spuren eines oder mehrerer Holzvorläufer zu nennen. Daraus wird sich ein neues Bild für die Anfänge von Mainhardt ergeben, dessen Funktion und Bedeutung im Gesamtkonzept des Vorderen Limes auch unter Einbeziehung der reichen epigraphischen Funde zu überprüfen ist. Diese Inschriften aus Mainhardt sind inklusive einiger Neufunde zusammenfassend zu edieren, besonders in Hinblick auf die offenen Fragen der Truppenbelegung und die Funktion des Ortes im strategischen Gesamtkonzept des Vorderen Limes. Die erstmalige vollständige archäologische Aufarbeitung des Kleinkastells Mainhardt-Ost soll die Relation zwischen Kleinkastell und Kohortenkastell in Mainhardt und die Frage der näheren Funktion solcher Kleinkastelle im Allgemeinen aufzeigen.Die Struktur, Genese und Bebauungsart des bisher völlig unpublizierten Kastellvicus sind vorzulegen. Ungeklärte Fragen im Kastellumfeld sind unter anderem die Lage des Kastellbades, der Gräberfelder, der vermuteten Benefizarierstation und die Lage eines aus jährlich erneuerten vota-Inschriften der cohors I Asturum zu erschließenden Exerzierplatzes. Anhand des umfangreichen Fundmaterials sind verschiedene Phasen des Kastellvicus herauszuarbeiten. Wichtig ist hier vor allem das Ende des Kastellvicus, dessen Datierung bis dato weitgehend auf einer vermuteten Koinzidenz mit dem Truppenabzug beruht. Die übergeordnete Fragestellung der Aufarbeitung zielt darauf ab, Aspekte der Interaktion von militärischen und zivilen Strukturen an einem Ort des Vorderen Limes zu klären.Im Anschluss soll die Frage nach möglichen systematischen Unterschieden zwischen den Strukturen des Vorderen Limes und des Hinteren Limes beantwortet werden. Damit soll ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der Konzeptionen der Limeskastelle am Vorderen Limes erbracht werden.
Aufarbeitung der Altgrabungen des Kastells Zugmantel
Bearbeiterin: Miriam Etti M.A.Kontakt: miriametti(et)web.de
Laufzeit: Oktober 2010 bis Oktober 2012 und Mai 2014 bis Dezember 2016 (in Teilzeit)
Südlich der Kreuzung des Limes mit dem Verbindungsweg zwischen Rheingau und Limburger Becken befindet sich das Kastell Zugmantel, das v.a. durch die ausführlichen Untersuchungen des vicus zu den am besten ergrabenen Kastellstandorten am Limes gehört. Erste Ausgrabungen wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführt und setzten sich mit Unterbrechungen bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts fort. Nach derzeitigem Forschungsstand ist von einer ersten Anlage um 90 n. Chr. auszugehen, auf die drei weitere Bauperioden folgten, bis das Kastell schließlich um 259/60 n. Chr. zerstört wurde. Nach über 150jähriger Forschung am Kastell Zugmantel fehlen bislang eine detaillierte Aufarbeitung und zusammenfassende Auswertung. Im Zuge des Promotionsstipendiums sollen daher Dokumentation und Material der Altgrabungen speziell auf dem Kastellareal bearbeitet und analysiert werden, um den Standort Zugmantel auf einen aktuellen Forschungsstand zu bringen.